Kintsugi – Philosophie, Bedeutung, Geschichte

Die Kintsugi Technik oder Kintsugi Reparatur (Kintsukuroi) von Keramiken und Porzellan stammt ursprünglich aus Japan, hat sich aber mittlerweile auch in der Schweiz, Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien, den USA und vielen anderen Ländern auf der Welt verbreitet. Hinter der Kintsugi-Technik steht eine ganze Philosophie mit tiefgehender Bedeutung. Die Kintsugi Kunst gehört zur japanischen Lackkunst.

 
Die Kintsugi-Philosophie geht auf den Zen-Buddhismus in Japan zurück und hat sich insbesondere an der Tee-Keramik entwickelt, zur Würdigung des ästhetischen Konzeptes des Wabi Sabi.
Keramik von Daniel Zuloaga mit kleinen Beschädigungen: Perfekt für Kintsugi
Foto: Robert Züblin
 
 

Was ist Kintsugi?

Die Antwort auf die Frage, was ist Kintsugi, oder die Kintsugi-Definition, lautet, dass es sich um eine japanische Reparaturmethode von zerbrochenen Keramiken oder Porzellanstücken handelt, wobei auch ganze Fehlstellen ausgebessert werden können. Traditionell werden bei dieser japanischen Technik zum Keramik reparieren natürliche Materialien verwendet, insbesondere der Lack des Urushi-Baums. Abschließend werden die ausgebesserten Risse und/oder Fehlstellen mit Goldpulver bestreut. Personen, die das Reparieren von Keramik mit der japanischen Kintsugi-Technik anbieten, nennt man auch Kintsugi-Künstler oder auch Lackkünstler.

Die genaue Kintsugi-Bedeutung ist, dass „Kin“ „Gold“ auf japanisch heißt und „tsugi“ „verbinden“. Kintsugi (金継ぎ) kann man daher auch mit „goldenes Verbinden“, „Goldverbindung“ oder „goldenes Zusammensetzen“ übersetzen. Anstatt von Kintsugi spricht man teilweise auch von Kintsukuroi, was „Reparieren mit Gold“ heißt oder mit „Goldreparatur“ übersetzt werden kann.

Anstatt Gold kann man auch Pulver anderer Metalle verwenden, etwa Messing-Pulver, Kupfer-Pulver, Platin-Pulver, Aluminium-Pulver, Bronze-Pulver oder Silber-Pulver. Verwendet man etwa Silber, um die reparierten Stellen an der Keramik zu bestreuen, spricht man von Gintsugi und nicht von Kintsugi, wobei „Gin“ für Silber steht.

  • Kintsugi: Goldlackreparatur
  • Gintsugi: Silberlackreparatur
  • Aluminiumlackreparatur
  • Messinglackreparatur
  • Kupferlackreparatur
  • Platinlackreparatur
  • Bronzelackreparatur

Im weitesten Sinne spricht man aber von Kintsugi-Technik, auch wenn man ein anderes Metallpulver nutzt als Gold, also etwa Silber, Messing, Kupfer, Platin oder Aluminium.

 

Geschichte von Kintsugi

Die Verwendung von Urushi ist ungefähr 9000 Jahre alt. Ursprünglich hatte man Urushi etwa verwendet, um Pfeilspitzen und Speerspitzen zu befestigen. Mehrere tausend Jahre vor Christus ist Urushi aber auch schon zur Reparatur von Keramik verwendet worden.

Die Geschichte von Kintsugi hingegen, also der Goldlackreparatur, ist jüngeren Datums und beginnt im Zen-Buddhismus, und zwar im 16. Jahrhundert nach Christus. Kintsugi ist eng an die ästhetische Weltanschauung des Wabi Sabi geknüpft, die die Schönheit gerade in der Unvollkommenheit und der Imperfektion erkennt, in der die Vergänglichkeit alles Seienden zum Ausdruck kommt. Zwar geht das ästhetische Konzept des Wabi Sabi zurück bis ins 12. Jahrhundert nach Christus und teilweise sogar bis in die Zeit vom 7. bis 11. Jahrhundert nach Christus. Die Einführung des Begriffes Wabi Sabi erfolgte aber durch den Tee-Meister und Zen-Mönch Sen no Rikyū aus Japan.

Eine andere Theorie geht davon aus, dass Kintsugi entstanden ist, weil dem japanischen Shōgun Ashikaga Yoshimasa Ende des 15. Jahrhunderts nach Christus seine liebste chinesische Teeschale (Chawan) zerbrach und diese daher nach China zurückschickte, damit diese dort repariert würde. Die Teeschale sei auch in China repariert worden, aber mit hässlichen Metallklammern (Juci-Reparatur-Technik), was dem Shōgun gar nicht gefallen habe. Außerdem sei die Schale nicht mehr wasserdicht gewesen. Das habe dann japanische Handwerker auf den Plan gerufen, eine Reparaturmethode zu finden, die ein ästhetischeres und funktionableres Resultat bringen würde, womit Kintsugi geboren worden sei.

Unter modernem Kintsugi versteht man Kintsugi-Techniken, bei denen zum Beispiel synthetische Klebstoffe – etwa Epoxykleber – verwendet werden.

Im Laufe der letzten Jahrhunderte geriet Kintsugi in Japan immer mehr in Vergessenheit, wohl auch weil der Reparatur-Prozess so langwierig ist; er kann mehrere Wochen, Monate oder sogar über ein Jahr dauern, was insbesondere von der Komplexität der Reparatur beziehungsweise des Schadens abhängt. Mittlerweile hat Kintsugi seit circa dem Jahr 2000 in Japan eine Renaissance erlebt, als im Jahr 2000 das erste Kintsugi-Fachbuch in Japan veröffentlicht wurde. Aber auch in vielen anderen Ländern der Welt, darunter in Europa und Amerika hat das Interesse an Kintsugi in den letzten Jahren stark zugenommen. [1]

 

Kintsugi-Philosophie

Im Zusammenhang mit Kintsugi spricht man auch von der Kintsugi-Philosophie, weil Kintsugi eben eng mit dem Zen-Buddhismus und der Weltanschauung des Wabi Sabi verknüpft ist. Denn durch die Verwendung von Kintsugi zur Keramik-Reparatur findet man sich nicht einfach nur mit der Imperfektion ab, indem die zerbrochene Keramik wieder repariert wird, sondern Kintsugi hebt die Imperfektion durch den Goldlack sogar hervor, erteilt ihr also eine besondere Wertschätzung.

Kintsugi ist insofern modern, als es auch zur Zero-Waste-Philosophie passt, bei der es um die Abfallvermeidung geht. Zwar fällt auch etwas Abfall bei der Kintsugi-Reparatur an, aber die zu reparierende Keramik selbst wird nicht weggeworfen, sondern repariert, was zumindest eine Abfallreduzierung darstellt.

Auch eine Nähe zur japanischen Mushin-Philosophie kann in Kintsugi gesehen werden. Bei Mushin handelt es sich um einen mentalen Zustand, bei dem es darum geht, den Moment zu leben und den Wandel zu akzeptieren, indem man einen Zustand der Gedankenlosigkeit erreicht, indem man sich gedanklich und emotional frei von Fixierung auf etwas und frei von Sorgen macht, und damit für alles offen ist.

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Kintsugi-Psychologie

Nicht zu verwecheln ist die Kintsugi-Reparatur-Methode für Keramik und Porzellan mit einem immer größeren Markt für Lebenshilfe-Bücher, die aus der Keramik-Reparatur eine Methode zur Reparatur der Psyche machen, also eine Kintsugi-Psychologie zum Gegenstand haben. Bei der Kintsugi-Psychologie werden die Prinzipien der Kintsugi-Philosophie auf das menschliche Leben übertragen, etwa die Abkehr vom Perfektionismus und die Bedeutung vom Faktor Zeit zur Reparatur von Wunden. Außerdem wird in einer so verstandenen Kintsugi-Psychologie teilweise eine Resilienz-Möglichkeit gesehen.

 

Arten und Techniken

Es gibt verschiedene Kintsugi-Arten – auch Kintsugi-Stile oder Kintsugi-Methoden genannt – je nachdem, wie die Kintsugi-Reparatur erfolgt:

  • Riss-Methode: Hierbei wird ein Riss in der Keramik entweder mit Masse gefüllt, oder direkt mit Lack gefüllt beziehungsweise bestrichen. Die so reparierten Risse werden dann abschliessend noch einmal mit Lack überzogen und mit Goldpulver (Pudergold) bestreut.
  • Bruchstück-Methode: Hierbei werden die zerbrochenen Teile so dicht wie möglich zusammengefügt, also mit so wenig Lücken wie möglich und dann die ausgefüllten Bruchlinien mit Lack überzogen und dann mit Goldpulver (Pudergold) bestreut.
  • Stück-Methode: Bei dieser Methode fehlt ein grösseres Stück Keramik und die Fehlstelle muss mit einer Masse ausgebessert werden.
  • Hinzufügungs-Methode: Bei dieser Methode wird ein Keramikfragment von einer anderen Keramik genommen, um das fehlende Keramik-Stück der zu reparierenden Keramik zu ersetzen.

Neben den verschiedenen Kintsugi-Arten kann man auch unterschiedliche Kintsugi-Techniken unterscheiden, da nicht jede Kintsugi-Werkstatt dieselbe Kintsugi-Technik verwendet. [2]

 

Kintsugi-Keramik kaufen

Teilweise kann man auch Kintsugi-Keramik kaufen, also Keramiken, an denen bereits eine Kintsugi-Reparatur durchgeführt wurde. Im Folgenden finden Sie Keramiken, die mit der Kintsugi-Technik repariert wurden.

 

Kintsugi-Vasen

Im Folgenden finden Sie Kintsugi Vasen zum Kaufen:

 

Kintsugi-Schalen

Im Folgenden finden Sie Kintsugi-Schalen zum Kaufen:

 

Kintsugi Glossar

In einem speziellen Kintsugi Glossar finden sich wichtige Begriffe, die im Zusammenhang der Kintsugi-Technik beziehungsweise der Kintsugi-Methode fallen, erklärt werden.

 

Quellen

[1] Reparieren mit Gold: Die japanische Tradition des Kintsugi, in: National Geographic, veröffentlicht am 8. März 2023.